Interior. Leather. Bar. James. Franco. Selbst. Inszenierung.

James Franco erklärt in einem Gespräch in seinem Film Interior. Leather Bar., es gebe zu wenig
Sex zwischen Männern in Hollywood-Filmen. In seinem Film gibt es ein paar explizite Szenen,
doch hauptsächlich wird über Sex geredet. Franco lamentiert, dass Sex fetischisiert werde, obwohl
er selbst nichts anderes macht, indem er eben nicht Sex zeigt, sondern als Ersatz darüber reden lässt,
und zwar in aller Ausführlichkeit. Dabei geht es zentral um die Gefühle des heterosexuellen Hauptdarstellers
bei dem schwulen Pornodreh, bei dem er selber keinen Sex hat. Man fragt sich, wo hier
der Erkenntnisgewinn liegt. Ziel verfehlt, Mr. Franco.
Interior. Leather Bar. schreit nach Provokation. Schaut her, scheint der Film mitteilen zu wollen,
wir drehen einen schwulen Porno. Da James Franco Hollywood-Schauspieler ist, wird das vielleicht
wirklich provozieren, vielleicht auch nicht, weil sein Spiel mit seiner sexuellen Orientierung ein alter
Hut ist.
Natürlich ist Interior. Leather Bar. kein herkömmlicher Hardcore-Porno. Es handelt sich um eine
Dokumentation über die Produktion eines Hardcore-Pornos, ein Making-Of. Das Making-Of beinhaltet
geschriebene Szenen, zum Beispiel sind bei einem Telefonat des Hauptdarstellers die Gesprächsthemen
vorgegeben. So geht einerseits die Authentizität des Making-Ofs verloren. Andererseits
entsteht ein Spiel mit Realität und Fiktion, was nichts Neues ist, aber im Kontext eines Porno-
Drehs ungewohnt. Doch irgendwie läuft dieses Gedankenspiel dann auch nur wieder auf die Frage
hinaus, ob der straighte Hauptdarsteller nicht doch schwul ist.
Interior. Leather Bar. ist auf jeden Fall eine schrille Fake-Doku, die Aufmerksamkeit will. Wegen
des Fiktions-Anteils glaubt man dem Film irgendwann gar nichts mehr und das Plädoyer für schwulen
Mainstream-Sex verliert ebenfalls an Glaubwürdigkeit.
Die verbliebenen authentischen Einstellungen sieht man im Abspann des Films. Sie wirken wie verpatzte
Szenen und waren bei der besuchten Berlinale-Vorführung für die meisten nicht mehr interessant.
Es bleiben die einzigen subtilen Bilder im Film, deren Gehalt nicht von einem Off-
Kommentar erklärt wird. Die Laiendarsteller, die am Porno-Dreh beteiligt sind, sollen versuchen,
mit der Kamera zu flirten. Die dazugehörige Szene war im vorangegangen Film zu sehen. Nun sehen
wir nur noch die Männer in Großaufnahme und ihre Versuche, was natürlich und sympathisch
wirkt und die letzte Chance dieses Films ist, eine Verbindung zu seinen Zuschauern herzustellen.
Die Zuschauer werden angestarrt, angelächelt, mit glühenden Augen, Schlafzimmerblicken. Natürlich
geht das teilweise schief, es sind Versuche, es wird gelacht, geglotzt, verfehlt. Ein Hauch Leben
in einem künstlichen Film.

 

(OT: “Interior. Leather Bar.”, USA 2013, Regie: James Franco, Travis Mathews, 60 Minuten, http://www.interiorleatherbar.com/ (zuletzt aufgerufen am 08.04.2013))